Wir erhielten die Diagnose in der 21. SSW. Eine Woche zuvor hatte ich den zweiten Ultraschalltermin bei meiner Gynäkologin und es schien alles in bester Ordnung zu sein. Wir erfuhren, dass wir zum zweiten Mal Eltern eines kleinen Mädchens werden würden. Meine Ärztin stellte keinerlei Auffälligkeiten fest. Sie informierte mich, dass ich aufgrund meines Alters das Anrecht auf ein weiteres Screening bei einem Pränataldiagnostiker hätte. Ich weiß noch genau, dass ich gezögert habe. Es war meine zweite Schwangerschaft und ich war gelassen und optimistisch. Anders als in der ersten Schwangerschaft hatte ich auf die Nackenfaltenmessung verzichtet. Dennoch ließ ich mich zum Pränataldiagnostiker überweisen. Eine Freundin hatte mir berichtet, dass die Ultraschallgeräte dort viel präziser sind, und wenn ich ehrlich bin, war es die Aussicht auf die hervorragenden Bilder von meinem Baby, die mich den Termin vereinbaren ließ. Ich ahnte nicht, wie oft dieses Baby noch geschallt werden
würde.
In der Pränatalpraxis scherzte die Ärztin zunächst noch, weil mein 35. Geburtstag erst ein paar Wochen später war und ich somit offiziell noch keine Risikoschwangere, sie mich aber natürlich trotzdem gründlich untersuchen werde. Die Untersuchung dauerte tatsächlich recht lange. Im Nachhinein haben mein Mann und ich uns gefragt, ob wir eine Reaktion der Ärztin hätten bemerken können. Nein, wir waren tatsächlich völlig ahnungslos, als sie uns nach der Untersuchung sagte, dass unser Baby leider ein großes Problem habe. Sie erklärte uns, was eine Zwerchfellhernie ist
und wie sie behandelt werden kann. Mit der Uniklinik Bonn sei auch ein Zentrum für
Zwerchfellhernien ganz in der Nähe. Die Ärztin war sehr nett und einfühlsam, aber ihre Worte „relativ gute Prognose“ kamen in diesem ersten Schockmoment gar nicht bei mir an, weil ich dies nicht mit meinem Kind in Verbindung bringen konnte; meine Welt von einer Sekunde auf die andere komplett durcheinander geraten war.
Die Diagnose war eine linksseitige Zwerchfellhernie, liver down. Außerdem wurden eine Doppelniere und eine ARSA vermutet. Dieser Verlauf der Schlüsselbeinarterie gilt auch als Softmarker für das Down Syndrom. Da die Trisomien 13,18, 21 und Zwerchfellhernien häufig gemeinsam auftreten, wurde uns zu einer Fruchtwasseruntersuchung geraten, der wir zustimmten, und die am gleichen Tag durchgeführt wurde. Und dann war da ein drängendes Gefühl, dass die Kleine sofort einen Vornamen braucht. Wir dachten: Egal, was noch auf uns zukommen wird, ist und bleibt sie unser Kind. Tatsächlich hat sie ihren Namen noch im Ruheraum nach der Amniozentese bekommen. Außerdem hat die Praxis für uns einen Beratungstermin mit einem Mitarbeiter von Donum Vitae vereinbart.
Mir hat die Diagnose zuerst den Boden unter den Füßen weggezogen. Die
Untersuchung des Fruchtwassers sollte 10 bis 14 Tage dauern. Gestern hatte ich noch ein gesundes Kind; jetzt gab es die Möglichkeit, dass es womöglich gar nicht lebensfähig sein könnte oder stark eingeschränkt sein würde. In jedem Fall würde es aber durch die Zwerchfellhernie sehr krank sein. Die ersten zwei Wochen nach der Diagnose waren schrecklich; ich war wie in einer „Zwischenwelt“, gehörte irgendwie nicht mehr richtig dazu und rechnete mit dem Schlimmsten. Mein Mann war von Anfang an optimistisch. „Dann wird sie eben nicht in Köln geboren, sondern eine Bonnerin.“
Nach vollen 14 Tagen kam der erlösende Anruf: keine Auffälligkeiten bei der Chromosomenanalyse. Wieder eine Woche später waren wir beim nächsten Ultraschalltermin, und ab da ging es immer aufwärts: Der Lung Head Ratio (LHR) betrug 46%, ein guter Wert. Die ARSA konnte auch ausgeschlossen werden. Es folgten nun Ultraschallkontrollen im Monatsrhythmus. Bei der letzten Untersuchung lag der LHR bei 51%. Aufgrund des guten LHR wurden wir zur Beratung in eine Geburtsklinik mit Neonatologie und angeschlossener Kinderklinik vor Ort überwiesen. Da wir aber nicht so weit von der Uniklinik Bonn entfernt wohnen, haben wir uns natürlich auch hier vorgestellt, und danach war klar, dass die Kleine dort zur Welt kommen soll.
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Wir haben unsere Eltern noch am Tag der Diagnose gesehen. Auch unsere engsten Freunde wussten schon nach wenigen Tagen, wie es um unsere Kleine steht. Nach einiger Zeit fiel es mir nicht mehr so schwer, darüber zu sprechen; ich bekam regelrecht Routine zu erklären, was eine Zwerchfellhernie ist. Einige Arbeitskollegen, der Kindergarten unserer Tochter und gute Bekannte wurden informiert. Wir sind also insgesamt sehr offen damit umgegangen. Ich hätte diese Schwere nicht für mich behalten können. Wir haben viele Hilfsangebote und positive Worte erhalten.
Paula wurde im Juli 2018 im Uniklinikum Bonn geboren. Wir hatten einen Termin zur
Einleitung bei 39+0 SSW vereinbart. Die Schwangerschaft verlief meinerseits ganz normal, so dass nichts gegen eine natürliche Geburt sprach. Meine größere Tochter hatte ich bereits spontan und ohne Komplikationen entbunden. Da ich die ganze Zeit Sorge vor zu früh einsetzenden Wehen hatte und ich mir gegen Ende der Schwangerschaft ziemlich sicher war, dass sie nicht bis 39+0 warten würde, hatte ich das UKB gebeten, mir einen Brief auszustellen. Darin stand, dass der Rettungswagen mich in diese Klinik transportieren müsse (für den Fall, dass ich allein bin, wenn es losgeht). Bei 38+1 SSW war es dann soweit: die Kleine hat sich nachts durch einen Blasensprung angekündigt, mein Mann und ich konnten gemeinsam im Auto nach Bonn fahren und nur 1,5 Stunden später war Paula schon da. Sie hat leise geschrien und wurde schnell rosig. Ich habe sie kurz gestreichelt und der Papa durfte sogar die Nabelschnur durchschneiden. Während der Geburt war bereits das Team der Neonatologischen Intensivpflegestation (NIPS) im Kreißsaal anwesend und kümmerte sich sofort um die Kleine. Die Sättigung war schlecht und sie wurde vor Ort intubiert und der Venenkatheder wurde gelegt. Die Atmosphäre war ruhig, was auch zu meiner Beruhigung beigetragen hat. Bevor sie auf die NIPS gebracht wurde, konnten wir sie noch ansehen. Ein paar Stunden später konnten wir sie auf der NIPS besuchen. Sie war von Anfang an stabil und die Ärztinnen und Pflegerinnen sehr zufrieden mit ihrem Zustand.
Paula konnte vier Tage nach ihrer Geburt operiert werden. Die OP verlief erfolgreich. Das Loch im Zwerchfell konnte direkt verschlossen werden; es war kein Patch notwendig. Zwei Tage nach der OP entstand, vermutlich durch einen schlecht liegenden Tubus, ein Pneumothorax, so dass für einige Tage eine Drainage gelegt werden musste. Nach einer Woche wurde der Tubus gezogen und auf CPAP umgestellt. Als sie acht Tage alt war, durften wir zum ersten Mal kuscheln.
Nach zehn Tagen wurde Paula bereits von der NIPS auf eine andere Intensivstation (Station 5) verlegt. Die Muttermilch wurde ab da nicht nur über die Magensonde, sondern auch über die Flasche gegeben. Die Verdauung funktionierte von Anfang an gut. Nach nur 12 Tagen konnte sie ohne CPAP stabil atmen.
Wir haben zusammengehalten. Wir haben versucht jedem Arzttermin positiv entgegenzusehen und mit etwas Schönem zu verbinden. So sind wir z.B. an so
einem Tag zusammen essen gegangen. Wir haben den Ärzten vertraut und gleichzeitig auf unser Bauchgefühl gehört. Paulas Fall wurde als mild und nicht ECMO- bedürftig eingestuft. Das hat viel Hoffnung gegeben und die Prognosen haben sich zum Glück erfüllt. Unter anderem durch die Erfahrungsberichte hier auf dieser Website haben wir uns entschieden, dennoch in ein Zentrum zu gehen, um sie bestmöglich versorgt zu wissen. Genügend Ablenkung hatten wir durch unsere „große“ Tochter, damals zwei Jahre alt. Für sie da zu sein, war das Wichtigste. Und natürlich Paula selbst. Zu sehen, wie sie wächst und zu spüren, wie aktiv sie ist, hat viel Kraft gegeben.
Wir wurden nach nur 16 Tagen direkt von der Intensivstation nach Hause entlassen. Den Papa und die Großeltern hat das ziemlich geschockt. Die Mama war froh und hat ganz den Ärzten vertraut. Eine Ärztin hat im Abschlussgespräch gesagt, dass sie sich an keinen so guten Verlauf erinnern könne. Unsere Kleine hat jeden Tag so viel
geschafft wie andere in vier bis fünf Tagen. Obwohl sie in der Klinik noch sehr viel Milch erbrochen hatte, hat sie zu Hause fast gar nicht mehr gespuckt. Sie hat recht langsam zugenommen, und ich habe in den ersten Wochen viel abgepumpt. Später sind wir aber noch zum Vollstillen gekommen.
Paula ist mittlerweile schon 19 Monate alt. Alle Nachsorgeuntersuchungen in der Uniklinik Bonn waren positiv. Es gibt keine Langzeitprobleme durch die Zwerchfellhernie. Sie ist sehr aufgeweckt, freundlich und hat einen starken Willen. Motorisch entwickelt sie sich sehr langsam (sie hat vor kurzem die ersten freien Schritte gemacht), sprachlich und feinmotorisch läuft alles altersgerecht ab. Mehr als die Zwerchfellhernie beschäftigt uns ihre seltene Hauterkrankung, die sich nach der Geburt zeigte, und die unseren Alltag stärker beeinflusst.
Ich könnte jetzt sagen, dass ich auf die Amniozentese verzichten oder dass ich weniger im Internet lesen würde. Besonders ältere Artikel machen Angst und an vielen Stellen liest man immer noch, dass 50 % der Kinder versterben. In Deutschland ist das aber nicht der Fall. Natürlich gibt es leider die Fälle, bei denen die Ärzte auch hierzulande wenig Hoffnung machen können. Aber besonders die großen Zentren haben viel höhere Überlebensraten. Wir würden alles genauso wieder machen.