So verschieden wie der Verlauf der Krankheit ist, so verschieden sind auch die Langzeitprobleme der Kinder. Das eine Kind hat wenige bis keine Probleme nach dem schweren Start ins Leben, und andere Kinder müssen ihr Leben lang mit den Folgen einer angeborenen Zwerchfellhernie kämpfen.
Hier möchten wir Ihnen mögliche Langzeitprobleme und häufige Begleitfehlbildungen der Kinder mit einer angeborenen Zwerchfellhernie aufzeigen.
Durch den hohen Kalorienverbrauch beim Atmen, der durch die unterentwickelte Lunge bzw. die hohe Atemfrequenz, zustande kommt, nehmen die Kinder mit angeborener Zwerchfellhernie oftmals langsamer zu als gesunde Kinder. Durch die schlechte Gewichtszunahme wird auch oft das Wachstum gehemmt, die Kinder entwickeln sich oftmals an der unteren Perzentile. Dies kann sich aber mit zunehmendem Alter bessern. In vielen Fällen wird dazu geraten, das Kind mit mehr Kalorien zu versorgen. Zu Anfang kann man die Muttermilch mit zusätzlichen Kalorien anreichern (z.B. mit Rapsöl oder MCT-Öl oder anderen Zusatzstoffen). Später, ab dem 2. Lebensjahr, kann man dann auf hochkalorische Spezialnahrung (z.B. von Nutricia, Fresubin) umsteigen.
Durch die angestrengte Atmung die, die Kinder nach der künstlichen Beatmung oft aufweisen, kann eine Trichterbrust entstehen, da der Brustkorb noch sehr weich ist und sich somit schnell verformt. In aller Regel wird mit zunehmendem Alter die Atmung besser, die Lunge wächst, und die Kinder können auch mehr und mehr die Bauchatmung anwenden. Dadurch wird die Zwischenrippenmuskulatur (auch „Atemhilfsmuskulatur“ genannt), die die Trichterbrust begünstigt, entlastet. Tritt mit zunehmendem Alter keine Besserung auf, kann man die Trichterbrust ab dem Pubertätsalter auch operativ beheben.
Bei Kindern mit einer angeborenen Zwerchfellhernie ist meist ein Lungenflügel wesentlich besser entwickelt als der andere. Durch diese Ungleichheit kann der Brustkorb asymmetrisch wachsen. Dadurch kann eine Skoliose entstehen. Die Skoliose kann aber durch regelmäßige physiotherapeutische Behandlung positiv beeinflusst oder sogar verhindert werden.Bauchwandhernie Wenn es aufgrund der Größe der Lücke im Zwerchfell notwendig ist, ein Patch zum verschließen des Zwerchfells einzunähen, und an der Außenseite wenig bis gar kein Zwerchfell vorhanden ist, näht man das Patch am Rippenbogen fest. Weil der Bauchraum anfangs durch die Verlagerung der Organe klein ist, muss bei der Operation die Bauchwand gedehnt werden oder gelegentlich sogar ein Bauchpatch eingesetzt werden. Wird dann beim Schreien die Bauchpresse betätigt, kommt es häufig zu einer Ausbeulung der Bauchwand (Bauchwandhernie). Diese an sich harmlose Begleiterscheinung wächst sich häufig mit der Zeit aus.
Da oftmals, vor allem bei den Patienten mit den linksseitigen Defekten, der Übergang von Speiseröhre zum Magen falsch angelegt ist, fließt die Nahrung immer wieder vom Magen zurück in die Speisröhre. Es kommt so zu häufigem Erbrechen der Nahrung, was wiederum Probleme bei der Gewichtszunahme mit sich bringt. Ein weiteres Problem beim Reflux ist das Aspirationsrisiko (Nahrung gelangt beim Erbrechen in die Atemwege). Wird Nahrung aspiriert, besteht die Gefahr, dass es zu Atemwegsinfekten (mitunter zu einer Lungenentzündung) kommt. Meist bessert sich der Reflux mit zunehmendem Alter, vor allem wenn feste Nahrung aufgenommen wird. Ist der Reflux aber ausgeprägt, kann es notwendig sein, ihn durch eine weitere OP zu beheben.
Die gefährlichste Folge einer angeborenen Zwerchfellhernie ist der Lungenhochdruck. Dieser entsteht dadurch, dass die Blutgefäße nicht richtig angelegt sind. Die Blutgefäße sind enger als normal, und so entsteht ein höherer Widerstand im Lungengefäßbett. Das rechte Herz kämpft gegen diesen Widerstand an und pumpt das Blut mit höherem Druck in den Lungenkreislauf. Der Druck im Lungenkreislauf kann bis auf das Druckniveau des Körperkreislaufs ansteigen. Bei einem gesunden Blutkreislauf ist der Blutdruck im Lungenkreislauf deutlich niedriger als im Körperkreislauf. Der Gasaustausch in der Lunge wird dadurch erheblich beeinträchtigt, und das Blut nimmt zu wenig Sauerstoff auf. Folgen des Lungenhochdrucks sind eine erhöhte Belastung der rechten Herzhälfte und eine schlechte Sauerstoffaufnahme. Bei ausgeprägtem Lungenhochdruck benötigt der Patient zusätzlichen Sauerstoff und Medikamente (z.B. Sildenafil), die den Blutdruck im Lungenkreislauf senken.
Wenn die Zwerchfellrekonstruktion mittels eines Bauchschnittes durchgeführt wurde, kann es zu Verwachsungen am Darm kommen. Hieraus resultieren später Probleme mit dem Stuhlgang, und es kann – im schlimmsten Fall – ein Darmverschluss auftreten. Daher sollte man den Stuhlgang der Kinder mit einer angeborenen Zwerchfellhernie immer im Auge behalten. Manchmal kann auch die Gabe von Movicol zur Stuhlauflockerung nötig sein.
Durch das Wachstum des Kindes kann erneut eine Lücke bzw. ein Riss im Zwerchfell entstehen. Das Risiko ist in den ersten beiden Lebensjahren am höchsten, da die Kinder hier am schnellsten wachsen. Tritt ein Rezidiv auf, ist eine erneute Operation notwendig. Da ein Rezidiv nicht immer sofort anhand der Symptome erkannt werden kann, sollte das Zwerchfell im Rahmen eines Nachsorgeprogramm regelmäßig mittels Röntgenbild oder MRT (Magnetresonanztomographie) untersucht werden.
Da die Lunge der Kinder mit einer angeborenen Zwerchfellhernie oftmals unterentwickelt ist, kann es bei Atemwegsinfekten wie Bronchitis oder Pneumonien (Lungenentzündungen) zu einem höheren Sauerstoffbedarf kommen. Oft wird die Sauerstoffaufnahme schon behindert, wenn wenige Lungenbläschen verschleimt sind.Man sollte die Kinder daher auch schon bei scheinbar harmlosem Husten oder einer Erkältung einem Arzt vorstellen, um sicherzustellen, dass die Sauerstoffaufnahme in ausreichendem Maße erfolgt. Häufig können Infekte, wenn sie rechtzeitig erkannt und – beispielsweise durch Inhalieren – behandelt werden, im Keim erstickt werden, sodass die Entstehung schwerwiegender Lungeninfekte vermieden werden kann.
Durch die mehr oder weniger lange Zeit der Sedierung und Beatmung ist das Kind in dieser Zeit in seiner Entwicklung behindert und erreicht somit wichtige Entwicklungsmeilensteine (Drehen, Krabbeln, Sitzen…) erst etwas oder auch sehr viel verspätet. Durch die richtige Förderung kann das Kind aber im Laufe der ersten Lebensjahre sehr viel aufholen (siehe auch: Förderung).
Leider kommt es immer wieder vor, dass noch weiter Fehlbildungen zu der angeborenen Zwerchfellhernie hinzukommen.
Häufig sind Fehlbildungen am Herzen oder dem Herz und Lunge umgebenden Gefäßsystems. Auch die Nieren sind gelegentlich von weiteren Fehlbildungen betroffen. Bei Jungen tritt außerdem relativ häufig ein Hodenhochstand auf. Weitere Begleitfehlbildungen können an Lunge (Lungensequester), Milz (Nebenmilz), Darm (Nichtdurchgängigkeit, Doppelanlage, Verwachsungen oder Fehlrotation = Dünndarm links, Dickdarm rechts) auftreten. Sehr selten tritt eine nichtdurchgängige Speiseröhre als Begleitfehlbildung auf.
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